Europäisches Gesetz zur Barrierefreiheit – neuste Entwicklungen

Einige Leser unseres Newsletters fanden bestimmt den mut, sich den langen Artikel der Ausgabe für Januar-Februar 2016 durchzulesen, in dem das Europäische Gesetz für Barrierefreiheit, kurz“EAA”, vorgestellt wurde.

Ihnen zuliebe werde ich die in jener Ausgabe enthaltenen Informationen nicht erneut zum Besten geben. Diejenigen jedoch, für die das EAA noch neu ist, sollten diesen Artikel für einige Hintergrundinformationen durchaus lesen. Weiter unten folgt ein kurzes Update zu den neusten Entwicklungen.

Die vorgeschlagene Richtlinie, die trotz ihres angelsächsisch klingenden Namens “Akte“ tatsächlich ein Entwurf zu einer EU-weiten Richtlinie ist, wird den üblichen, langwierigen Prozess der EU-Legislative durchlaufen.

Der Rat (Vertreter der EU-Mitgliedstaaten) hat bereits eine Reihe von Sitzungen abgehalten, auf denen das EAA erörtert wurde. Diese finden hinter verschlossenen Türen innerhalb der“Gruppe Sozialfragen” statt. Auf diesen Sitzungen möchte die niederländische Präsidentschaft bis zum Ende ihrer Amtszeit eine Art grundlegende Übereinkunft über den Ansatz des Rates erreichen, bis sie den Stab schließlich an die Slowakei übergibt.

Wir wissen durchaus, dass die Diskussionen der Arbeitsgruppe viele Themen gestreift haben. So umfassen sie Beispielsweise die Verbindung zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, den Rahmen der vorgeschlagenen Richtlinie, die verwandten Definitionen, die Einschätzungen über die Auswirkungen durch die Kommission und die Kosten des neuen Gesetzes für Unternehmen. Üblicherweise sollte immer ein Kommissionsmitglied bei diesen Sitzungen anwesend sein, um Fragen über das vorgeschlagene neue Gesetz zu beantworten. (Die Commission hat den Vorschlag formuliert).

Da der Prozess des Rates nicht transparent ist, können wir nicht genau wissen, was auf diesen Sitzungen gesagt wird. Daher haben sich EBU-Mitglieder schriftlich an ihre jeweiligen Regierungen gewandt, die Wichtigkeit des Gesetzesvorschlags betont und sie um Unterstützung gebeten.

Kurzem fand ein Treffen mit dem zuständigen Minister Großbritanniens statt, wo sich, milde ausgedrückt, ein gewisses Unbehagen bei der Unterstützung eines derartigen neuen Gesetzes offenbarte. Es bleibt zu hoffen, dass diese Haltung nicht über alle 28 Mitgliedstaaten hinweg vorherrscht.

Inzwischen legt das EU-Parlament den Prozess fest, mit dem es den Gesetzesvorschlag einer Prüfung unterziehen will.“Sprecher” oder Hauptverantwortlicher zu diesem Thema im Parlament ist der erfahrene französische Europaabgeordnete Robert Rochefort. Die leitende Kommission wird höchst wahrscheinlich die mächtige Kommission zum Binnenmarkt, “IMCO”. In den vergangenen Wochen haben die verschiedenen politischen Gruppen im Parlament ihre “Sprecher” für diesen Gesetzesvorschlag benannt und ihre Arbeitsmethoden abgestimmt. Die Europaabgeordneten, die als “Sprecher” benannt wurden, werden sich über den Vorschlag auf dem Laufenden halten und für ihre jeweilige politische Gruppe Stellungnahmen abgeben. Die EBU hat Kontakt zu diesen Vertretern aufgenommen, um die Notwendigkeit einer solchen Richtlinie zu erläutern und ihnen unser Fachwissen darüber anzubieten.

Einige andere Kommissionen des Parlaments werden ebenfalls zum Vorschlag ihre Stellungnahmen abgeben, sodass der Prozess innerhalb des Parlaments schon allein kompliziert wird und viel Aufmerksamkeit durch die EBU benötigt.

Am 23. Februar sprachen die EBU und das Europäische Behindertenforum beim EU-Parlament über das EAA auf einer Sitzung vor, deren Gastgeber die schwedische Europaabgeordnete Soraya Post war und an der weitere Europaabgeordnete teilnahmen, die am gesetzgebenden Prozess zum EAA Arbeiten werden. http://www.edf-feph.org/Page_Generale.asp?DocID=13855&thebloc=34415

Vertreter der EBU waren in den vergangenen Wochen ebenfalls sehr beschäftigt und haben sich mit relevanten Europaabgeordneten, Ratsmitgliedern und Vertretern der Kommission getroffen, um auf ein starkes und effektives EAA zu drängen.

Das Parlament hatte seine erste Diskussion zum EAA am 15. März. Im Gegensatz zum Rat werden die Diskussionen dort aufgezeichnet. Ein Video der Diskussion ist unter nachstehendem Link verfügbar. Die Diskussion zur EAA Beginnt etwa bei 1:40.

http://tinyurl.com/zqqa265

Aus dieser vorläufigen Diskussion wurde deutlich, dass die Vorsitzende des IMCO in Übereinstimmung mit ihrer Parteilinie und der oben erwähnten Position Großbritanniens, ihre Bedenken mit dem Vorschlag zur EAA hatte. Der Sprecher, Robert Rochefort, war in seiner Einschätzung über den Vorschlag schon positiver gestimmt und äußerte sogar sein Bedauern darüber, dass er nicht schon viel früher eingebracht wurde.

Der wichtige gesetzgebende Prozess beginnt voraussichtlich diesen Sommer. Die EBU wird mit unseren Freunden im EDF, ANEC und innerhalb der Gemeinschaft Behinderter zusammenarbeiten, um unsere Ansichten in diesem Prozess zu vertreten und wirklich zu erläutern, warum es so wichtig ist, dass dieser Vorschlag Gesetz wird. Es wird ein langes und schwieriges Projekt, aber die Mögliche Belohnung ist großartig: eine EU mit weitaus weniger Barrieren für blinde und sehbehinderte Menschen.