EU-Parlament macht Fortschritte Richtung Gesetz zum Vertrag von Marrakesch

Am Montag, den 28. November legte der EU-Abgeordnete Max Andersson seinen Bericht für die EU-weite Umsetzung des Marrakesch-Vertrags über die Verordnung und Richtlinie beim Rechtsausschuss des Parlaments vor. Dieses Gesetz wird die Richtlinien innerhalb der EU-Mitgliedstaaten harmonisieren, die den Marrakesch-Vertrag für seh- und andere lesebehinderte Menschen in EU-weit geltendes Recht und einzelne Gesetze der jeweiligen Mitgliedstaaten überführen sollen.   Sein Bericht unterstützt im Wesentlichen den Vorschlag der EU-Kommission. Andersson erklärte, seine 8 Ergänzungen zielten darauf ab, verbindliche Ausnahmen zum Urheberrecht für Blinde und Sehbehinderte innerhalb der EU und für den weltweiten Austausch von Werken zu stärken und klarer herauszuarbeiten. Diese Ausnahmen beziehen sich auf den Ausschluss kommerzieller Verfügbarkeits- und Vergütungsklauseln, die Einschränkung durch technische Schutzmaßnahmen und die Verpflichtung autorisierter Einrichtungen, Werke miteinander auszutauschen.  Er sagte, es dürfe EU-Mitgliedstaaten nicht gestattet sein, Gesetzeseinschränkungen jedweder Art, wie etwa Vergütungs- und kommerzielle Verfügbarkeitsklauseln, aufzuerlegen, was“gegen die Zielsetzung des Marrakesch-Vertrags verstößt”. Er fügte hinzu, dass “der Grund für das Bestehen des Marrakesch-Vertrags eben genau darin liegt, dass die Verlagsindustrie es nicht geschafft hat, Werke in für Blinde und Sehbehinderte zugänglichen Formaten anzubieten”.

Die EU-Kommission wurde durch die Leiterin der Sektion Urheberrecht der Generaldirektion Kommunikation, Inhalte und Technologien (Connect), Maria Martín Prat vertreten. Sie beschrieb das Gesetz als die Schaffung einer “verbindlichen Ausnahme für Lesebehinderte, die den Austausch formatierter Werke innerhalb und außerhalb der EU ermöglicht”. Sie wies zudem darauf hin, dass sie die Antwort auf “einen speziellen, zielgerichteten Fall eines vollständigen Marktversagens ” sei und dass “wir nicht wollen, dass ohnehin schwierige Umstände diese Ausnahme noch zusätzlich erschweren”.     Sie sagte, dieses Gesetz stelle einen parallelen, unabhängigen Prozess zur EU-weiten Ratifizierung des Marrakesch-Vertrags dar, der die Zustimmung durch die EU-Mitgliedstaaten im Rat erwarte, der jedoch hinsichtlich der Gesetzeskompetenz bei der Ratifizierung des Vertrags Bedenken geäußert hatte.  Damit nahm sie Bezug auf die erwartete Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofs zur EU-Kompetenz, den Vertrag zu ratifizieren. 

Der Rechtsausschuss wird am 31. Januar 2017 über Anderssons Bericht abstimmen. Zuvor müssen Ergänzungen der unterschiedlichen politischen Gruppen und Stellungnahmen des Kultur- und des Petitionsausschusses berücksichtigt werden. Über Verordnung und Richtlinie wird voraussichtlich im Plenum des EU-Parlaments im April beraten und abgestimmt. Die EBU und die WBU nehmen aktiv an diesem Prozess teil. 

Sobald das Parlament einen endgültigen Text abgesegnet hat, muss, damit das Gesetz EU-weit geltendes Recht wird, eine Einigung mit den EU-Mitgliedstaaten in “Trilog”-Debatten zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission erzielt werden. 

Auch sei darauf hingewiesen, das die Lobby der Verlagsindustrie bei diesem Prozess ebenfalls sehr aktiv war, sowohl in Brüssel selbst als auch in einigen Ländern wie Deutschland. Sie wollte ihre Anliegen bei politischen Entscheidungsträgern durchsetzen, damit diese den Zielen des Marrakesch-Vertrags Steine in den Weg legen.

Von David Hammerstein, EU-Beauftragter für die Weltblindenunion.