EU-Passagierrechte im Flugverkehr

Von Marie Denninghaus, Politikkoordinatorin des EBF

Einführung

Wussten Sie, dass Sie als Fluggast bestimmte Rechte haben, wenn Sie mit dem Flugzeug reisen? Ist Ihr Flug erheblich verspätet oder wird er annulliert, haben Sie Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung. Die Fluggesellschaft muss Ihnen auch Verpflegung, Unterkunft und, innerhalb eines gewissen Rahmens, die Möglichkeit zur Telefon- oder Internetnutzung einräumen. Als Blinder, Seh- oder allgemein als Behinderter haben Sie auch einige Sonderrechte: Beispielsweise muss Ihnen der Flughafen beim Einsteigen ins Flugzeug behilflich sein. Die Fluggesellschaft kann Ihre Buchung nicht wegen Ihrer Behinderung ablehnen. Und in jedem Mitgliedstaat der EU gibt es eine offizielle Stelle, die Ihnen hilft, Ihre Rechte durchzusetzen, wenn etwas schief geht.

All dies ist Teil der EU-weiten Gesetze über Fluggastrechte. Tatsächlich gibt es zwei getrennte Gesetze: Die Verordnung 261/2004 über allgemeine Fluggastrechte wie Annullierungen und Verspätungen und die Verordnung 1107/2006, die speziell die Fluggastrechte von Menschen mit Behinderungen betrifft und etwa die Bereitstellung von Hilfeleistungen auf Flughäfen regelt. Es gibt tatsächlich eine ganze Reihe von Verordnungen, den öffentlichen Nahverkehr einmal ausgenommen, die die Rechte der Fluggäste bei allen Verkehrsträgern abdecken und die das Reisen für viele von uns innerhalb der EU erleichtert haben.

Daher können die Passagierrechte in der EU als Erfolgsgeschichte angesehen werden, weil sie den Bürgern, die die EU-Institutionen oft als abstrakt und bürokratisch empfinden, konkrete Vorteile gebracht haben. Diese Gesetze befähigen Passagiere dazu, ihre Rechte einzufordern und durchzusetzen. Dies gilt insbesondere für Menschen mit Behinderungen. Zu wissen, dass Sie am Flughafen eine Assistenz erwarten können, hilft Ihnen dabei, Ihre Reise zu planen und unabhängiger zu reisen, und zu wissen, dass Sie im Falle einer Annullierung Ihres Fluges Anspruch auf Rückerstattung oder Entschädigung haben, gibt Ihnen eine gewisse Sicherheit und vermeidet Stress im Störungsfall.

Auch diese Gesetze sind nicht perfekt. Tatsächlich gibt es in Bezug auf Blinde und Sehbehinderte einige gravierende Mängel:

  • Obwohl Sie ein gesetzlich garantiertes Recht auf Reisen haben und nicht wegen Ihrer Behinderung diskriminiert werden dürfen (Art. 7, Verordnung 1107/2006), ist es dem Flugpersonal gestattet, Ihnen aus "Sicherheitsgründen" die Beförderung zu verweigern oder Sie zu verpflichten, mit einer Begleitperson zu reisen. Dies geschieht regelmäßig, obwohl der Fluggast das Ticket bereits gekauft und in vielen Fällen sogar angegeben hat, dass er eine Behinderung hat und Hilfe benötigt. In der Praxis wird dieses Schlupfloch leider häufig missbraucht, und Blinde oder Sehbehinderte stranden am Flughafen oder müssen sich in unangenehmen Auseinandersetzungen mit dem Flugpersonal rechtfertigen oder ihre Behinderung erklären, um an Bord des Flugzeugs zu gelangen.
  • Mobilitäts- und Hilfsmittel dürfen kostenlos mitgenommen werden (Verordnung 1107/2006), Fluggesellschaften sind bei Beschädigung, Zerstörung oder Verlust jedoch nur eingeschränkt haftbar (Verordnung 261/2004). Gemäß einem internationalen Abkommen, das die Haftung von Fluggesellschaften regelt, dem sog. Montrealer Übereinkommen, gibt es in der Tat keinen Unterschied zwischen normalem Gepäck und einem elektrischen Rollstuhl im Wert von 15.000 €. Denn die Entschädigung beträgt in beiden Fällen maximal 1.300 €.
  • Die Durch- und Umsetzung beider Gesetze ist nicht stark genug. Die nationalen Stellen, die für die Kontrolle der Flughäfen und Fluggesellschaften zuständig sind, sind oft unterbesetzt und verfügen nicht über genügend Ressourcen, und ihre Kompetenzen unterscheiden sich in den einzelnen Mitgliedstaaten. In einigen Ländern kann die nationale Stelle lediglich eine Beurteilung abgeben, die jedoch nicht rechtsverbindlich ist. Es ist daher also eher unwahrscheinlich, dass der Fluggast Recht bekommt. Er muss vor Gericht gehen, was kostspielig, zeitaufwendig und stressig ist.
  • Sie haben ein Recht auf Hilfe, aber die Qualität kann von Flughafen zu Flughafen variieren. Viele Flughäfen lagern diesen Service aus, und in einigen Unternehmen wechselt das Personal häufig. Man ist dort verpflichtet, an praktischen Schulungen (z.B. darüber, wie man einen Blinden oder Sehbehinderten richtig begleitet) und Sensibilisierungsmaßnahmen für Behinderungen teilzunehmen. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer der Fall. Es kommt zum Beispiel vor, dass sehbehinderte Personen gebeten werden, in einem Rollstuhl zu sitzen. Außerdem kann es vorkommen, dass Personalmangel herrscht, so dass manchmal Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen in einer Gruppe zusammengefasst werden. Dies hat beispielsweise schon dazu geführt, dass einige Passagiere ihr Flugzeug verpasst haben.

Um die oben genannten Probleme anzugehen, haben sich Organisationen wie die EBU mit dem Europäischen Behindertenforum und anderen Partnern wie dem Europäischen Fahrgastverband, der AGE Platform Europe (eine Organisation, die ältere Menschen vertritt) und dem BEUC (eine Verbrauchervertretung) zusammengetan, um sich für Verbesserungen der bestehenden Gesetzgebung einzusetzen. Da beide Gesetze inzwischen über 10 Jahre alt sind, müssen einige Punkte aktualisiert und einige Lücken dringend geschlossen werden.

Aktuelle Situation

Die allgemeine Verordnung über die Fluggastrechte (261/2004), die den Haftungsaspekt für Mobilitätshilfen regelt, wird derzeit im Rat erörtert. Ein Vorschlag der Europäischen Kommission liegt seit 2013 vor und würde die Situation für Menschen mit Behinderungen deutlich verbessern, d.h. die Haftungsgrenze auf den tatsächlichen Wert der beschädigten, verlorenen oder zerstörten Hilfsmittel anheben. Die Mitgliedstaaten, die den Sachverhalt im Rat erörtern, sind in Bezug auf die Aufnahme dieser Änderung skeptisch. Wir müssen also weiterhin Druck auf die nationalen Regierungen ausüben, damit sie die Notwendigkeit dieser wichtigen Änderung einsehen.

Die Verordnung über die Fluggastrechte für Menschen mit Behinderungen (1107/2006) wird 2020 evaluiert. Die Ergebnisse dieser Evaluierung werden bestimmen, ob eine Überarbeitung durch die Kommission geplant werden kann oder nicht. Wir müssen sicherstellen, dass die Ergebnisse der Evaluierung realistisch sind und die Realität sehbehinderter Fluggäste widerspiegeln, damit Lücken geschlossen werden können. Wenn Sie Feedback haben, lassen Sie es gerne der EBU zukommen, die bei dieser Evaluierung mit dem EBF zusammenarbeitet, so dass wir hoffentlich einen stärkeren Rechtsrahmen haben werden, um das Reisen für alle vereinfachen zu können.

Wussten Sie, dass…

  • Die Verordnungen es den Fluggesellschaften erlauben, auf jedes verkaufte Ticket eine zusätzliche Gebühr zu erheben, um Hilfeleistungen für Menschen mit Behinderungen zu finanzieren. Diese Gebühr kann variieren, kann jedoch bis zu 0,5 € pro Ticket betragen. Nicht genug Geld zu haben ist daher keine Entschuldigung für schlechte Hilfsqualität!
  • Die Unterstützungsgebühr auch zur Finanzierung der Ausbildung von Mitarbeitern und zum Kauf von Hilfsmitteln verwendet werden kann.
  • Jeder Flughafen über einen Managementausschuss verfügen muss, in dem auch Menschen mit Behinderungen vertreten sein sollten. In diesem Ausschuss wird zum Beispiel erörtert, wie die Unterstützungsgebühr ausgegeben werden soll.
  • Fluggesellschaften und Flughäfen ihre Daten darüber, wie viele Menschen mit Behinderungen nicht befördert wurden, nicht an die Behörden weitergeben oder veröffentlichen müssen. Daher ist es besonders wichtig, diese Fälle zu melden, um die offiziellen Statistiken mit Informationen zu versorgen!
  • Ihre EU-Rechte auch für Flüge gelten, die von einem EU-Flughafen in ein Land außerhalb der EU führen (z.B. auf einem Flug von Brüssel nach Dubai) und für Flüge, bei denen Sie auf einem EU-Flughafen ankommen (z.B. von Istanbul nach Paris).

Um Fälle von Diskriminierung zu melden oder bei weiteren Fragen können Sie sich gerne an Marie Denninghaus wenden marie.denninghaus@edf-feph.org).