Europäische Flughäfen und sehbehinderte Passagiere

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Von Federico Bonaudi

Leiter der Abteilung Förderung, Regionalflughäfen und parlamentarische Beziehungen

ACI EUROPE (Airports Council International – Internationaler Dachverband der Flughafenbetreiber).

Einhaltung der Europäischen Gesetzgebung

Die Vorzüge und Freuden des Reisens sind ein Recht für alle, und die europäischen Flughäfen sind sich der wesentlichen Rolle bewusst, die sie dabei für all ihre Passagiere spielen. Die Übertragung der Zuständigkeiten bei Hilfeleistungen für Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität im Jahr 2008, als die Verordnung (EG) 1107/2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität bei Flugreisen in Kraft trat, stellte einen wichtigen Meilenstein dar.  Die Verabschiedung und das anschließende Inkrafttreten dieser Verordnung waren wesentliche Veränderungen für den Flugverkehr und den Schutz von Passagierrechten. Dies ging sogar so weit, dass ihr Erfolg zu ähnlichen Gesetzen für sämtliche Verkehrsmittel führte.

Zusammenarbeit mit unseren Partnern

Während die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen von größter Bedeutung ist, hat ACI EUROPE - der Verband der europäischen Flughäfen - auch eine enge Zusammenarbeit mit seinem Gegenstück, dem Europäischen Behindertenforum (EDF), gefördert. Die im Juni 2016 unterzeichnete Absichtserklärung hat eine lange Geschichte gemeinsamer Anstrengungen, Angleichungen von Richtlinien, Kommunikation und gemeinsamer Aktivitäten formell bekräftigt.

Der Accessible Airport Award

Eines der Ergebnisse dieser Partnerschaft ist der Accessible Airport Award, ein Preis mit dem seit 2016 Flughäfen ausgezeichnet werden, die sich streng an die Europäische Gesetzgebung halten, der ihre Fortschritte würdigt und sie dazu ermutigt, Barrieren zu beseitigen, denen Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität auf Flugreisen noch immer begegnen. "Zugänglichkeit" bedeutet im Zusammenhang mit diesem Preis nicht nur die physische Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer, sondern für alle Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Die Jury - bestehend aus EBF und den Nationalen Behindertengremien sowie der Europäischen Kommission - achtet bei der Beurteilung der Bewerbungen besonders auf die Bedürfnisse von Blinden und Sehbehinderten.

2019 ging der Accessible Airport Award an den Flughafen Gatwick. U.a. wurde er für sein Engagement gelobt, allen Passagieren ein gleichwertiges Reiseerlebnis zu bieten. Insbesondere würdigte die Jury das Bestreben des Flughafens, über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinauszugehen und für verschiedene Arten von sichtbaren und nicht unmittelbar erkennbaren Behinderungen zu sensibilisieren, indem man nicht nur seinen eigenen Mitarbeitern, sondern auch Dritten kostenlose Schulungen anbietet, um eine Vereinheitlichung von Standards für alle Dienstleistungen in allen Räumlichkeiten zu gewährleisten.

Beste Praktiken

Auch andere europäische Flughäfen erkennen die Notwendigkeit an, vor allem blinden und sehbehinderten Passagieren besondere Aufmerksamkeit zu widmen:

Derzeit entwickelt ANA Aeroportos de Portugal einige Initiativen für mehr Barrierefreiheit. Darunter sind etwa neue Rufsäulen mit großen Rufknöpfen, damit auch Blinde und Sehbehinderte sie aktivieren können. Ein Sensibilisierungskurs, der für das Flughafenpersonal und Dritte angeboten wird, beinhaltet ein spezifisches Modul, das sich mit den Unterschieden zwischen Sehbehinderten und Blinden, Arten von Sehbehinderung, den Unterschieden zwischen Geburtsblinden und Späterblindeten, ihren Mobilitätseinschränkungen und -bedürfnissen sowie Verhaltensweisen befasst, die sie sich bei der Unterstützung dieses Personenkreises aneignen oder vermeiden sollten.

Der internationale Flughafen Athen S.A. (AIA) arbeitet eng mit dem Nationalen Blindenverband zusammen. Auf dem Bahnhof gibt es spezielle Fußwege, die zu den Parkplätzen und Rufsäulen führen. Die Informationen an allen Rufsäulen werden in hohem Farbkontrast, großer Schrift und Braille ausgegeben, wodurch die Zugänglichkeit vollumfänglich gewährleistet ist. Eine Broschüre, die über Hilfeleistungen informiert, ist auch in Brailleschrift (auf Griechisch und Englisch) erhältlich. Bei Notfällen werden visuelle und akustische Benachrichtigungen aktiviert, so dass hör- oder sehbehinderte Fluggäste die Notfallanweisungen problemlos befolgen können.

Die jüngste Initiative des Kopenhagener Flughafens ist das neue Programm zur Sensibilisierung für Personen mit eingeschränkter Mobilität, das alle Karteninhaber (ca. 25.000 Personen) befolgen müssen. Es beinhaltet ein Modul über Sehbehinderungen. Eine weitere Initiative ist ein Bereich für Hunde auf dem Vorplatz, damit Assistenztiere sich erleichtern können und für die Reise einsatzbereit sind.

Der Flughafen Malaga - Costa del Sol (Teil der AENA – Gesellschaft für spanische Flughäfen) startete die Umsetzung eines Navigationsprojekts in Gebäuden, das auf blinde und sehbehinderte Passagiere ausgelegt ist. Es basiert auf der NaviLens-Technologie und umfasst ein Farbmarkierungssystem, das auf künstlichem Sehen basiert und es Passagieren ermöglicht, aus großer Entfernung zu lesen und mit diesen Hinweisen verbundene Informationen zu erhalten (als läse ein Normalsehender die Beschilderung). So kann man ohne Kopfhörer die Position, Entfernung und Ausrichtung der Markierung ermitteln. Eine weitere nützliche Initiative ist die Verstärkung der Durchlaufbeleuchtung von den Zugangstüren bis hin zu den Rufsäulen.  Eindeutige Wege vom Eingang zum Infoschalter mit helleren Türen als im Rest des Flughafengebäudes erleichtern das Auffinden.

Am Flughafen Wien haben die Vienna Airport Trainers die ECAC-Kurse “Train the Trainer“ erfolgreich abgeschlossen. In den Trainingseinheiten lernen die Anbieter von Hilfeleistungen, wie sie blinden und sehbehinderten Passagieren helfen können. Dazu gehört auch, wie man sie anspricht, mit ihnen kommuniziert und sie durch den Flughafen Wien begleitet. Spezialbrillen werden verwendet, um Sehbehinderungen durch Katarakt, Glaukom, Makuladegeneration und diabetische Retinopathie zu simulieren.

Am Chopin-Flughafen Warschau erleichtern es Rufsäulen blinden und sehbehinderten Passagieren, sich im Terminal zurechtzufinden. Taktile Pläne (mit konvexen Linien, die Wände, Wege, Symbole und Objekte darstellen, Beschreibungen in Brailleschrift und Tasten, die gedrückt werden können, um Sprachnachrichten auf Polnisch und Englisch zu erhalten) ermöglichen das Auffinden von Ein- und Ausgängen, Check-in-Schaltern, Sicherheitskontrollpunkten, Treppen, Aufzügen und Toiletten. Sämtliche Beschreibungen sind in Brailleschrift vorhanden. Taktile Leitsysteme führen die Besucher vom Bahnhof zum Terminal. Besonderes Augenmerk wird auf die Schulung bei der Sensibilisierung für Behinderungen gelegt, insbesondere auf die Unterstützung von Menschen mit Sehbehinderungen.

Weitere Schritte

Obwohl wir seit dem Inkrafttreten der Verordnung 1107/2006 einen langen Weg zurückgelegt haben, klopfen wir uns keineswegs selbst auf die Schulter. Es gibt immer noch Luft nach oben, wenn wir den Flugverkehr für alle zugänglich machen wollen, indem wir Freizügigkeit, Wahlfreiheit und Nichtdiskriminierung gewährleisten. Aus diesen Gründen ist die Zusammenarbeit mit Organisationen für Menschen mit Behinderungen von wesentlicher Bedeutung, damit wir die Qualität von Hilfeleistungen verbessern und eine barrierefreie und inklusive Gesellschaft schaffen können. Wir ermutigen die Europäische Blindenunion, uns ihre Vorschläge zukommen zu lassen, damit wir dieses Ziel erreichen können!