Nachlese zu den Webinaren der EBU 2020- Akustische Informations- und Navigationssysteme

Von: Ing. Josef Sögner, Blinden und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ)

Lernen und Ausblick

Bei den oben erwähnten Webinaren zu akustischen Navigations- und Informationssystemen, die am 10., 18. und 27. November 2020 stattfanden, kamen viele Experten zusammen – sowohl aus Institutionen der EBU, als auch Entwickler einer Organisation für Blinde und Sehbehinderte sowie Hersteller, die schon seit Jahren auf diesem Gebiet tätig sind und somit ein Umfassendes Verständnis dafür haben, was die echten Bedürfnisse unserer Gemeinschaft sind.

Die Geschichte akustischer Systeme, die blinde und sehbehinderte Menschen zu einem gewissen Grad im Alltag unterstützen, reicht sehr weit zurück – dies hängt aber auch von der Komplexität der installierten Komponenten ab.

In jüngerer Vergangenheit ist uns aber auch klar geworden, dass unsere Gemeinschaft nach einem inklusiveren Ansatz strebt, wodurch “Inklusion” Wirklichkeit wird. Das Smartphone ist in diesem Zusammenhang bei nahezu allen Angeboten wohl erste Wahl. Diese Wahl mag zwar offensichtlich sein, hat jedoch auch eine Kehrseite, da viele Blinde und Sehbehinderte kein Smartphone haben oder nicht vollständig in der Lage sind, ein solches Gerät zu nutzen.

Dieser Tatsache ist sich Okeenea (ein französischer Hersteller) bewusst, und präsentierte uns seine Lösung. Mittels eines neuen Geräts Namens “aBeacon” – eine intelligente akustische Box– und einer Bluetooth-Fernbedienung oder einer Smartphone-App können sämtliche bekannten Hindernisse an einer Kreuzung überwunden werden, so das Versprechen. Wichtig ist hierbei zu betonen, dass diese Lösung darauf ausgelegt ist, mit bestehenden und älteren akustischen Ampeln anderer Hersteller zu arbeiten. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn wie wir alle wissen, sind begrenzte finanzielle Mittel einer der Gründe für langsame Fortschritte hin zu einer “Inklusion” blinder und sehbehinderter Menschen.

Das ist ein Beispiel dafür, wie die Lösung aus einem bestimmten Land – nämlich Frankreich– einen Weg hin zu mehr Inklusion innerhalb Europas bietet. Bestehende Komponenten mit landesweit gültigen Standards, die bereits seit Jahrzehnten im Einsatz sind, scheinen dabei keinen zukunftsträchtigen Weg aufzuzeigen. Es könnte hingegen ein vielversprechender Ansatz für die Zukunft sein, sich auf Industriestandards – z.B. Bluetooth – statt auf nationale oder Europäische Standards festzulegen.

Das Hinzufügen von mehr und verbesserten Funktionen zu bestehenden akustischen Komponenten klingt nicht so teuer, wie bei null anzufangen. Wir erfuhren weiter, dass es spezielle Navigations-Apps für blinde und sehbehinderte Menschen gibt - sowohl für den Außenbereich (GPS-basiert) als auch für den Innenbereich (Beacon-basiert).

Für den ÖPNV wurden Produkte entwickelt - sowohl eine Lösung, die von einem einzigen Systemanbieter abhängig ist (SVB mit Trapeze), als auch eine unabhängige Lösung, die mit jedem Systemanbieter für den ÖPNV zusammenarbeitet (Geomobile). Der große Unterschied liegt - Sie ahnen es sicher - im Preis! Deshalb sehen wir eine sehr langsame Einführung der Lösung von Geomobile in Deutschland bei Bussen und Bahnen.

Das Meisterstück, reibungslos von Tür zu Tür fahren zu können, ist noch nicht möglich, aber die dafür notwendigen Lösungen sind vorhanden. Auch hier könnte die Zusammenarbeit verschiedener Hersteller die einzige Lösung sein, um die Entwicklungskosten niedrig zu halten und so die Installationskosten bezahlbar zu machen.

Zusammenfassend gibt es eine nur allzu offensichtliche Schlussfolgerung, die wir im Alltagsgeschäft vielleicht aus den Augen verlieren:

Das Bedürfnis ist lokal, die Lösung europäisch (wenn nicht sogar weltweit)!