Gleichberechtigte Teilhabe am kulturellen Leben: Verpflichtungen der EU im Rahmen der UN-BRK als Hintergrund für die Kampagnenarbeit der EBU zur Finanzierung der Filmindustrie

Von Antoine Fobe, verantwortlich für Interessenvertretung und Kampagnen der EBU

Die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen (UN-BRK), die am 3. Mai 2008 in Kraft trat, ist das erste internationale, rechtsverbindliche Instrument, welches einen Mindeststandard für die Rechte von Menschen mit Behinderungen festlegt. Als erster Menschenrechtsvertrag, dem die EU beigetreten ist und der je durch eine regionale Organisation Ratifiziert wurde, ist die BRK ein mächtiges Werkzeug, um Möglichkeiten auszuloten und zu fördern, durch die die Rechte von Menschen mit Behinderungen erfüllt werden, indem gesetzliche, politische und praktische Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Alle EU-Mitgliedstaaten haben die Konvention unterzeichnet und ratifiziert.

Die Europäische Union (EU) selbst trat der BRK am 23. Dezember 2010 bei, und innerhalb der EU trat sie am 22. Januar 2011 in Kraft. Die EU ist im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Umsetzung der Konvention verantwortlich. Dazu gehört natürlich auch eine EU-Finanzierung. Wie in Art. 33(2) der BRK gefordert, hat die EU Rahmenbedingungen für die Förderung, den Schutz und die Überwachung der Umsetzung der BRK für Angelegenheiten geschaffen, die in ihre Zuständigkeit fallen. Auch wurde darin eine Europäische Behindertenstrategie für den Zeitraum von 2010-2020 festgelegt, die derzeit für die kommenden 10 Jahre überarbeitet wird.

Art. 30, Abs. 1 der UNBRK definiert das Recht von Menschen mit Behinderungen als gleichberechtigte Teilhabe mit anderen Menschen am kulturellen Leben. Unter anderem verpflichtet er die teilnehmenden Staaten dazu: “sämtliche geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, die gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen (…) Zugang zu (…) Filmen (…) in zugänglichen Formaten erlangen”.

Die Erklärung der EBU zu Art. 30 beschreibt die darauf bezogenen Bedürfnisse hinsichtlich der Barrierefreiheit für blinde und sehbehinderte Menschen: “Fernseh-, Film- und Videoproduktionen müssen mit Audiodeskription und Audiountertiteln versehen, über normale Kanäle verbreitet sowie gleichzeitig und zu denselben Kosten verfügbar sein”.

Anforderungen an die Barrierefreiheit von Filmen werden in derselben Erklärung wie folgt weiter ausgeführt:

  • Fernsehanstalten, Programmhersteller, Filmproduzenten und Hersteller von DVDs und anderen digitalen Reproduktionsmedien audiovisueller Repräsentationen müssen dazu verpflichtet werden, all ihre Produkte mit Audiodeskription und Audiountertiteln zu versehen und zu vertreiben.
  • Blinde und sehbehinderte Menschen müssen per Audiodeskription und Audiountertitel Zugang zu derselben Bandbreite und Qualität an digitalen Fernsehprogrammen haben wie andere Menschen in ihrer Gemeinschaft. Weitere Fernsehdienstleistungen wie Programmführer oder interaktive Dienste müssen ebenfalls vollständig zugänglich sein.
  • Alle Kinos, Theater, Sport- und Kulturstätten, die öffentlich zugänglich sind, müssen Audiodeskription und Audiountertitel für sämtliche Aufführungen für Blinde und Sehbehinderte anbieten.

Die Entstehungsgeschichte einer neuen EBU-Kampagne –Mit den obigen Ausführungen im Hinterkopf begann die EBU nun damit, sich die Finanzierung der Filmindustrie näher anzusehen, und zwar mit dem Argument, dass die EU ihre Reichweite stärker zur Förderung guter Praktiken einsetzen könnte. Die Idee kam von unserer deutschen Mitgliederorganisation, dem DBSV, der uns über den Stand der Dinge in seinem Land und den Spielraum für Fortschritte auf EU-Ebene in Kenntnis setzte. Erstmalig haben wir uns in Form unserer Erklärung zu den Europawalen 2019 dazu geäußert, nämlich in einer Liste der 10 Wichtigsten Themen für die neue Legislaturperiode. Dies führte natürlich dazu ,dass wir in einem ersten Positionspapier über die Finanzierung von MEDIA für die Filmindustrie, das im Zusammenhang zu Diskussionen auf EU-Ebene zu einem Vorschlag über die Richtlinie zum Programm Kreatives Europa für 2021-2027 veröffentlicht wurde, Empfehlungen abgegeben haben.

Die kommenden Monate sind für den Fortschritt entscheidend, denn die Verhandlungen über den Haushalt, auch für das Programm Kreatives Europa, werden wahrscheinlich schnell abgeschlossen sein.